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Famulaturbericht Cook Inseln

(10.01.-16.03.2008)

 „Nach dem Zahnmedizin-Examen wollen wir erst einmal die Welt erkunden!“ Das nahmen wir, Julian Stapf aus Oberschleichach und Sebastian Gebhard aus Schnaittach, uns vor. Als junge Zahnärzte hatten wir die Möglichkeit Arbeit und Ausland zu kombinieren. Doch bevor es los gehen konnte, mussten wir erst einmal ein Jahr zuvor anfangen unseren Aufenthalt in Ausland zu planen und zu organisieren. Das hieß, alte Famulaturberichte durchstöbern, potentielle Kliniken anschreiben, verschiedene Dentalfirmen um Spenden bitten und parallel dazu sich auf das bevorstehende Examen vorbereiten.

Nachdem viele Hürden überwunden waren und wir viele Zusagen bekommen hatten fiel unsere Wahl auf das Südseeparadies „Cook Inseln“.

Cook Inseln

Dieser unabhängige Inselstaat, der rund 2.800 km nordöstlich von Neuseeland liegt, besteht aus 15 weit über den Pazifik verstreuten Inseln. Insgesamt leben in diesem selbstständigen Inselreich knapp 19.000 Einwohner. Diese Bevölkerung besteht zu 90% aus Maori, einer polynesischen Volksgruppe, die mit den Ureinwohnern Neuseelands und Tahitis eng verwandt sind. Die Hälfte davon lebt auf der Hauptinsel Rarotonga. Amtssprachen sind Cook Islands Maori und Englisch. Zahlungsmittel ist der Cook Island Dollar, bei dem als einzige Währung der Welt eine 3-Dollar-Note existiert.

Kurz nach der Zusage ging es am 10. Januar 2008 vom Flughafen München aus los. Dort verabschiedeten wir uns, jeder bepackt mit zwei vollen Koffern (einen für sich und einen mit Spenden), von unseren Freunden und Verwandten und starteten unser zweimonatiges Abenteuer. Mit nur einmal Umsteigen in Los Angeles erreichten wir nach einigen Querelen mit dem Amerikanischen Zoll nach 36 Stunden Rarotonga, die Hauptinsel der Cooks.

Rarotonga

Vom dortigen Chef der Zahnklinik George Hoskin wurden wir nachts um 4 Uhr freundlichst empfangen und zu unserem Quartier gebracht. Das bevorstehende Wochenende half uns den Jetlag (immerhin eine Zeitverschiebung von elf Stunden) zu überwinden, sodass wir uns am Montag erholt in der Klinik melden konnten.

Nach einem kurzen Blick in die Behandlungsboxen waren wir voll in den Arbeitsalltag eingebunden. Neben Füllungen und Extraktionen standen auch Wurzelbehandlungen, Spalten von Abszessen und zu unserer Verwunderung selbst Zahnreinigungen auf dem Programm. Dies lässt sich aber dadurch erklären, dass die Inseln von sehr vielen neuseeländischen Touristen besucht werden, die sich im Urlaub behandeln lassen, da dies auf den Cooks einfach wesentlich günstiger ist.

Auch einfachere prothetische Arbeiten werden, zumindest auf der Hauptinsel, durchgeführt (wenn nicht gerade mal Abdruckmaterial oder Gips ausgeht, was dann die Laborarbeit für Monate lahm legt). Der Zahntechniker Jimmy leistet hierbei Erstaunliches mit den geringen Mitteln, die ihm zu Verfügung stehen.

Die Behandlungszeiten sind von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Insgesamt kann auf fünf mehr oder weniger guten Behandlungsstühlen gearbeitet werden. Beim Behandeln assistieren meist einheimische Studenten, welche wir in die Verarbeitung von modernen Füllungskunststoffen eingewiesen haben. Endlich konnten wir unser Wissen, das wir an der Uni Würzburg erlernt hatten, praktisch anwenden.

Inselaktivitäten

Neben der Arbeit kamen auch Freizeitaktivitäten nicht zu kurz. Doch bevor wir die Insel auf eigene Faust mit gemieteten Rollen erkunden konnten, mussten wir zunächst einmal die „Cook Island Driving Licence“, die dort vorgeschriebene Führerscheinprüfung, ablegen. Dies bedeutet, sich von einem Polizisten die Verkehrsregeln erklären zu lassen und danach auf der linken Straßenseite eine Runde um den Block zu fahren. Mit dem Roller konnten wir dann auf der 32 km langen Küstenstraße (eigentlich die einzige Straße auf der Insel) die Insel umrunden und die weißen, weitläufigen Sandstrände der Südsee erkunden.

Bei einer Wanderung auf dem „Cross Island Track“, einem Weg, der quer über die Insel führt, konnten wir Flora und Fauna der Insel entdecken. Hierbei durchquerten wir auf einem schmalen Trampelpfad, bei dem vom zurückliegenden Sturm einige umgestürzte Bäume den Weg blockierten, den dichten Urwald und erklommen den mit 653 m höchsten Punkt der Insel, die „Needle“.

Samstag ist Markttag in der Hauptstadt Avarua. Eigentlich ist an jedem Tag Markt, aber samstags gibt es neben den Obstständen mit frischen Mangos, Bananen, Passionsfrüchten und Papayas auch ein musikalisches Rahmenprogramm mit diversen kulinarischen Köstlichkeiten, Ständen mit Perlen, Tüchern, Hemden und einheimischer Kunst. Weitere Highlights der Insel sind der berühmte Muri Beach mit seiner Lagune, das Nationalmuseum, die Altstadt Avaruas oder der Black Rock, ein sehr großer schwarzer Monolith, um den sich viele Legenden ranken.

Außeneinsatz

Nach drei Wochen Einarbeitungszeit wurden wir dann zu unserem Außeneinsatz auf zwei abgelegenen Inseln geschickt. Anscheinend war Klinikchef George mit unseren bisherigen Zahnbehandlungen zufrieden, denn er schickte uns zuerst auf die Insel Atiu, auf der nur ab und zu ein Zahnarzt praktiziert. So lag für die 610 Einwohner der letzte Zahnarztbesuch drei Monate zurück und wir mussten uns auf das Schlimmste einstellen.

In der Klinik stellten wir alles, was wir auf Atiu brauchen konnten, zusammen, holten uns noch die neusten Informationen von unserem Vorgänger ein und schon ging es los.

Atiu

Nach 30 Minuten Flug landeten wir auf einer Schotterpiste mitten im Meer. Von zwei Schwestern des dortigen Hospizes wurden wir herzlich mit frischen, selbst geflochtenen Blumenketten empfangen und nach einer kurzen Fahrt über Feldwege brachten sie uns in unsere „eigene“ Klinik.

Diese war ein kleines Häuschen, vorne ein kleiner Raum mit Behandlungsstuhl und hinten angebaut unser Wohnraum mit zwei Betten. Da weder Kochecke, noch Dusche funktionierten, mussten wir uns in der Patientendusche des benachbarten Hospizes waschen und unsere Tütensuppen im Wasserkocher erhitzen. Aber weder Ratten in der Küche, noch Kakerlaken unter den Betten oder Unmengen Moskitos konnten uns schocken.

Stolz, das erste Mal selbstständig behandeln zu können, aber auch in Sorge, allein verantwortlich zu sein, machten wir uns am nächsten Tag an die Arbeit. Von George mit den Worten „Don't let pain behind!“ (Lasst keine Schmerzen zurück!) ermahnt, wurde unser Therapiespektrum auf Füllungen und Extraktionen eingeschränkt. Und so mussten wir leider manchen Zahn ziehen, der in Europa noch viele Jahre in Gebrauch geblieben wäre.

Die Woche auf dieser Insel mit ihren freundlichen, liebenswerten Menschen, die uns oft mit frischen Früchten und anderen Leckerbissen versorgten, verging leider wie im Flug. Besonders eindrucksvoll waren der Besuch von Karsthöhlen mit Nestern einer nur auf Atiu vorkommenden Vogelart und die Teilnahme an deiner inseltypischen Buschbierzeremonie, einem so genannten Tumunu. Nach anfänglichen Zögern haben wir uns das mit einem Kokosnussbecher geschöpfte Gebräu doch munden lassen.

Aitutaki

Unser nächstes Ziel war die Insel Aitutaki. Diese Insel stellte einen krassen Kontrast zu Atiu dar. Die Landebahn ist geteert, die Straßen asphaltiert, es gibt einige Hotels und die Bevölkerung ist relativ wohlhabend. Kleine unbewohnte Inselchen, so genannte Motus, am Rande der riesigen Lagune beherbergen einige der schönsten Strände der ganzen Südsee, welche schon in einigen Filmen zu bewundern waren. Dieses Atoll ist das bevorzugte Touristenziel auf den Cook-Inseln. Neben einer „Lagoon cruise“, bei der die Traumstrände besucht werden, ist auch ein Gottesdienst in der örtlichen CICC-Kirche (Cook Island Christian Church) ein tolles Erlebnis, wenn die Einheimischen mehrstimmige Gesänge anstimmen und anschließend die Gäste zu einem großen Buffet einladen.

Unsere zahnärztliche Arbeit auf Aitutaki war hauptsächlich die Behandlung von Schulkindern. Der dortige Zahnarzt brachte jeden Tag einige Kinder in die Klinik und wir therapierten diese dann bis zur Mittagspause. Nachmittags waren dann Erwachsene an der Reihe. Es gibt auf dieser Insel sogar ein Prophylaxeprogramm, bei dem jeden Freitag die Schulen besucht werden und den Kindern erklärt wird, wie sie die Zähne putzen sollen. Als Belohnung gab es anschließend für jedes Kind eine Zahnbürste, um auch gleich das Gelernte in die Tat umzusetzen zu können. Auch auf dieser Insel verging die Zeit viel zu schnell uns schon hatte uns die Hauptinsel Rarotonga wieder.

Abschied

Nach weiteren zwei Wochen Arbeit in der schon bekannten Zahnklinik und vielen weiteren unvergesslichen Erlebnissen mussten wir uns leider ganz von den Cook Inseln verabschieden, obwohl uns George, der Klinikchef, gerne dazu überredet hätte, unseren Aufenthalt noch um einige Monate zu verlängern. Zum Abschied wurde noch ein Festessen mit Speisen aus einen Erdofen, dem so genannten Umu, für uns zubereitet.

Anschließend haben wir uns auf einer einwöchigen Tour die Nordinsel von Neuseeland angesehen und trafen nach einem zweitägigen Zwischenstopp in Los Angeles am 16. April 2008 wieder in der Heimat ein.